Montag, 18. Juni 2018

18.06. Halvorseth -> Eidsdal 488 km

Es sind die ersten Verluste zu verzeichnen. Beim Zusammenräumen habe ich meine E-Zigarette und meine Ohrenstöpsel verbummelt. Egal, die Straße ruft!

Mal wieder führt mich Calimoto über traumhafte Strecken. Zwischendurch - wie auch schon gestern - geht der Asphalt immer wieder in Schotter über. Aber wenn Enduros auf der Straße fahren, dann kann man erst recht mit einer VFR Schotterwege langheizen. In einer schönen Rechtskurve - ich bin wieder auf Asphalt - denke ich noch:"Wer hat mir denn hier in die Kurve gekackt?" und sehe zwei Kehren weiter die Verursacher: Schafe! Eine ganze Herde. Die laufen hier einfach so rum, Kühe auch. Witzig!

Als ich die erste Kurvenhatz hinter mir habe, entdecke ich aus dem Augenwinkel einen Motorsägenhändler mit angeschlossener Tankstelle nebst Schnellimbiss. Zwei Reisebusse voll mit Asiaten machen auch gerade Rast. Es wird viel fotografiert, insbesondere vor der Trollfigur neben dem Eingang. Ich nutze die Gelegenheit und versorge mich mit neuen Ohrenpröppeln und zwei großen Hotdogs. Dann geht es auch schon wieder weiter.

Nach einer Weile bin ich wieder auf Schotter und stehe plötzlich irgendwo im Nirgendwo vor einer Schranke. Auf der anderen Seite der Schranke stehen zwei deutsche GS-Fahrer, wie sie im Buche stehen: Textilkombi, Alukoffer, Warnweste, Klapphelm und natürlich jede Menge Zusatzscheinwerfer und Reservekanister. Ein Riese und ein hagerer Hänfling. Der Große versucht dem Kleinen zu gefallen und redet mit einer aufgeregten Fistelstimme auf ihn ein. Der kleinere erwidert dabei nur ab und zu etwas. Er erinnert mich auf verblüffende Weise an Mr Burns von den Simpsons, deswegen nenne ich die beiden in Gedanken "Fisty und Burns". Das paßt irgendwie.

Das Schild an der Mautstation weist die kommende Strecke als "Panoramavegen" aus. "Schön" denke ich und zücke die Kreditkarte. Plötzlich blafft mich Fisty von der anderen Seite der Schranke an, daß ich doch wohl nicht mit meiner komischen Kiste diese Strecke unter die Räder nehmen wolle. "Warum nicht?" antworte ich. "Ich bin schon eine ganze Weile zwischendurch auf Schotter unterwegs gewesen!" Jetzt regt er sich richtig auf: "Alter das ist GRAVEL! Und Idioten wie Du gehen da mit ihren Dreckskisten gnadenlos unter!" Ich beschließe ihn zu ignorieren und wende mich wieder dem Kartenterminal zu. Fisty und Burns fahren endlich los.

Der Panoramavegen macht seinem Namen alle Ehre. Der Ausblick ist grandios. Alles sieht wunderlich aus und nicht wie von dieser Welt. Doch plötzlich brennt sich ein entwürdigendes Schauspiel in meine Netzhaut. Fisty und Burns stehen in Kackstuhlhaltung auf den Rasten ihrer Motorräder und versuchen mit etwa 30 km/h den "Gravel" des Panoramavegens zu bezwingen. Mit ordentlich Schlupf am Hinterrad und viel Dampf ziehe ich an ihnen vorbei, winke mit dem Mittelfinger meiner linken Hand und brülle:"Gravel, Alter! GRAVEL!!!"

Nach dem tollen Panoramavegen dachte ich, daß das jetzt nicht mehr zu toppen sei, doch ich sollte mich irren. Das Navi wies mich irgendwann an auf die 51 abzubiegen und für 65 km da drauf zu bleiben. Zunächst vermutete ich, das sei jetzt eine langweilige Überführungsetappe, doch die Strecke führte durch den kompletten Jotunheimen Nationalpark. Jotunheim ist in der nordischen Mythologie das Reich der Riesen. Und das ist wirklich grandios. Gewaltige Felsen, Schnee, Rentiere. Es war zwischendurch irre kalt und nass und doch unbeschreiblich schön.

Mit dem letzten Tropfen Benzin erreichte ich eine Tankstelle und versorgte erst einmal Mensch und Maschine mit allem Nötigen. Danach ging es weiter auf kleinen und großen Straßen durch traumhafte Landschaften. Zum Schluß stand mit Trollstigen, Geirangerfjord und Adlerstraße das letzte Highlight des Tages auf dem Programm. Die Landschaft war wieder einmal gewaltig. So als ob jemand alles Schöne der Welt eingesammelt und an einem einzigen Ort wieder ausgeschüttet hat. Leider war auf den Trollstigen viel Verkehr und es war nass, so daß die Strecke nicht so gut zu fahren war. Aber egal, auch die Trollstigen wurden gemeistert.

Ich habe Riesen und Trolle bezwungen. Ich bin Lodenhose. Das Schicksal ist unausweichlich.

Für die Statistiker:

Fahrzeit: 8h 45min
gefahrene Strecke: 488 km
Wetter: 3° Regen bis 17° Sonne
maximale Schräglage: Fußraste rechts😁







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